Übersicht der Aufgaben des Vorsorgebeauf­tragten

 

Vorsorgeauftrag

Eine handlungsfähige Person kann mit einem Vorsorgeauftrag – für den Fall ihrer eigenen Urteilsunfähigkeit – eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen mit der Erledigung gewisser Angelegenheiten beauftragen. Der Vorsorgeauftrag kann für die gesamte Personen- und Vermögenssorge sowie die Vertretung im Rechtsverkehr erteilt werden, oder auch nur für gewisse Teilbereiche. Formell kann der Vorsorgeauftrag vollständig von Hand geschrieben werden, mit Datum und Unterschrift, oder auch durch einen Notar öffentlich beurkundet werden.

Personensorge

Diese umfasst alles, was mit der Persönlichkeit des Auftraggebers beziehungsweise der Auftraggeberin zusammenhängt, das kann zum Beispiel (im Sinne einer nicht umfassenden Aufzählung) umfassen:

  • Wohnen, alles was damit zusammen hängt wie Abschluss und Kündigung des Mietvertrags.
  • Anstellung, Beaufsichtigung und Entlassung von Haushalt- und Pflegepersonal.
  • Sicherstellung eines geordneten Alltags.
  • Veranlassung der notwendigen ärztlichen Massnahmen und Erteilung der dafür notwendigen Zustimmungen, zum Beispiel bei Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen, ärztlichen Eingriffen, insbesondere auch wenn Gefahr für Gesundheit und Leben des Auftraggebers besteht. Vorbehalten bleiben allerdings Patientenverfügungen, die separat verfasst werden können.
  • Entscheid über die Unterbringung des Auftraggebers in einem Spital, einer Klinik oder einem Heim (Alters- oder Pflegeheim) und der daraus resultierenden verbundenen Massnahmen wie Auflösung der Wohnung etc.
  • Wahrnehmung der Rechte des Auftraggebers gegenüber Ärzten, Pflegepersonal, Spitälern, Alters- und Pflegeheimen usw., vorbehalten bleiben wie erwähnt separate Patientenverfügungen.
  • Entscheid über die dem Auftraggeber zur Verfügung stehenden Informationsmittel (Fernseh und Printmedien usw) und Kommunikationsmittel (Telefon, Mail etc.).
  • Entgegennahme, Öffnen und Bearbeiten sämtlicher für den Auftraggeber bestimmter Post und weiterer Zusendungen.

Vermögenssorge

Damit wahrt die vorsorgebeauftragte Person die vermögensrechtlichen Interessen der urteilsunfähigen Person. Das kann im Sinne von Beispielen folgendes umfassen:

  • Prüfung und Zahlung sämtlicher Forderungen sowie Einforderung aller Guthaben und Entgegennahme sämtlicher Zahlungen oder sonstiger Zuwendungen.
  • Verwaltung des gesamten Vermögens und Verfügungen darüber, insbesondere die Verwaltung und Verfügungen über sämtliche Bankkonti und Liegenschaften.
  • Erwerb, Belastung und Veräusserung von Grundeigentum und Veranlassung der entsprechenden Einschreibungen im Grundbuch.
  • Ausfüllen, Unterzeichnen und Einreichen der Steuererklärungen sowie sämtliche damit zusammenhängenden Massnahmen, insbesondere Eingaben bei Steuer- und Steuerjustizbehörden.
  • Bearbeiten sämtlicher für den Auftraggeber bestimmten Post.
  • Der Beauftragte darf keine Vermögenswerte des Auftraggebers unentgeltlich veräussern, mit Ausnahme von Gelegenheitsgeschenken (CHF 1’000.00 bis CHF 5’000.00) oder Zuwendungen zur Erfüllung einer sittlichen Pflicht (zum Beispiel freiwillige Verwandtenunterstützung).
  • Einsetzung von Substituten. Der Beauftragte ist berechtigt, im Bereich von praktisch allen Rechtshandlungen, Vertreter oder Substituten zu ernennen, dies ist in der Regel im Vorsorgeauftrag auch explizit erwähnt.

Vertretung im Rechtsverkehr

Die Vertretung im Rechtsverkehr gibt der beauftragten Person das Recht, die urteilsunfähige Person nach aussen, das heisst gegenüber Behörden, Gerichten und Privaten zu vertreten. Dies kann unter anderem umfassen:

  • Vertretung des Auftraggebers vor Behörden, Gerichten, privaten Institutionen, Versicherungen und Sozialleistungsträgern, der Beizug von Rechtsvertretern ist erlaubt.
  • Abschluss von Miet-, Versicherungs- und anderen Verträgen.
  • Abschluss und Kündigung von Verträgen im Bereich von Wohn- und Pflegeeinrichtungen.
  • Vertretung in Grundstückgeschäften, dies ist explizit in der Regel auch den Vorsorgeaufträgen erwähnt und enthalten.
  • Unternehmen: Hat die urteilsunfähige Person ein Unternehmen (egal, welche Rechtsform), so ist der Vorsorgeauftrag auch für diese Fälle ein geeignetes Instrument, im Falle der Urteilsunfähigkeit des Firmeninhabers tätig zu werden. In der Regel geht es zum Beispiel bei Inhabern von den eigenen Aktiengesellschaften darum, diese Personen an der Generalversammlung in der Funktion als Aktionär zu vertreten, der Vorsorgeauftrag kann entsprechende Weisungen enthalten, die für die Weiterführung des Unternehmens notwendig sind.

Rechte und Pflichten

Die beauftragte Person hat sich an die Weisungen im Vorsorgeauftrag zu halten, wobei viele Vorsorgeaufträge in der Regel eine Generalklausel enthalten («der Vorsorgeauftrag und die damit zusammenhängende Vertretung im Rechtsverkehr gelten in jeder Hinsicht umfassend»). Der Vorsorgebeauftragte hat sich an die Weisungen im Vorsorgeauftrag zu halten und die Aufgaben mit Sorgfalt zu erledigen. Er muss jederzeit Rechenschaft über die Geschäftsführung ablegen können. Die Erfüllung der Aufgaben ist deshalb zu dokumentieren. Grundsätzlich muss der Vorsorgeauftrag persönlich ausgeführt werden, es ist aber erlaubt, für viele Aufgaben Vertreter und Hilfspersonen einzusetzen (zum Beispiel Vermögensverwalter bei der Bank, Steuerberater bei Steuererklärungen etc.).

Entschädigung für den Vorsorgebeauftragten

Im Vorsorgeauftrag kann festgehalten werden, ob zugunsten der beauftragten Person eine Entschädigung geschuldet ist und wie hoch diese gegebenenfalls sein soll. Wird die Höhe nicht explizit festgehalten, so liegt der Stundenaufwand in der Regel zwischen CHF 40.00 bis CHF 120.00 pro Stunde für Privatpersonen, es ist aber empfohlen, ein Journal und Stundenrapport über die Tätigkeiten zu führen, damit bezüglich der Beurteilung der Entschädigung eine objektive und nachvollziehbare Grundlage besteht. Soweit Berufsfachleute wie zum Beispiel Treuhänder oder Anwälte Vorsorgetätigkeiten ausüben, bemisst sich die Entschädigung nach den branchenüblichen Ansätzen.

Verhältnis zur KESB

In der Regel vertritt die beauftragte Person den urteilsunfähigen Auftraggeber umfassend. Wenn aber beispielsweise Interessenskollisionen bestehen (zum Beispiel die urteilsunfähige Person ist im gleichen Nachlass Erbe wie der vorsorgebeauftragte Person), so muss die KESB informiert werden. Auch bei anderen speziellen Geschäften (zum Beispiel gerichtliche Vergleichsabschlüsse) kann es notwendig sein, dass die vorsorgebeauftragte Person die KESB informiert und vorsorglich die Einwilligung einholt. Auch wenn generell Aufgaben zu erledigen sind, die nicht durch den Vorsorgeauftrag gedeckt sind, empfiehlt sich im Zweifelsfall das Einschalten der KESB.

Validierung des Vorsorgeauftrags

Erst wenn ein Arzt die bleibende Urteilsunfähigkeit feststellt, muss der Vorsorgeauftrag der KESB eingereicht werden. Diese Behörde prüft dann, ob die Urteilsunfähigkeit tatsächlich eingetreten ist, der Vorsorgeauftrag gültig ist und vor allem ob die Person, die als Vorsorgebeauftragte eingesetzt ist, auch glaubwürdig ist (es werden zu diesem Zweck Strafregister- und Betreibungsregisterauszüge der beauftragten Person einverlangt). Sind all diese Voraussetzungen erfüllt, wird der Vorsorgeauftrag durch die Behörde (KESB) für wirksam erklärt (Validierung) und die Erwachsenenschutzbehörde stellt eine Urkunde aus, mit welcher sich die beauftragte Person nach aussen gegenüber der Behörden, Banken, Spitäler, Heime usw. ausweisen kann (Legitimationsausweis).

Wirksamkeit des Vorsorgeauftrags

Vor der Validierung kann der Vorsorgeauftrag jederzeit widerrufen werden (zum Beispiel durch Vernichten der Originalurkunden oder durch Verfassen eines neuen Vorsorgeauftrags, vorausgesetzt, die betreffende Person ist noch urteilsfähig im Zeitpunkt des Neuverfassens). Nach der Validierung ist der Vorsorgeauftrag grundsätzlich zeitlich unbeschränkt wirksam. Aber auch die beauftragte Person kann den Auftrag jederzeit mit einer zweimonatigen Kündigungsfrist durch schriftliche Mitteilung an die KESB künden. Im Weiteren kann auch die KESB der beauftragten Person die Befugnisse teilweise oder ganz entziehen. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn sie von Missständen bei der Auftragserledigung erfährt und diese Massnahme zum Schutz des Auftraggebers nötig ist. Wird die beauftragte Person selber handlungsunfähig oder stirbt sie, so erlischt der Vorsorgeauftrag und die andere, im Vorsorgeauftrag erwähnte Person kommt dann zum Zuge.

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