Gerne geben wir Ihnen nachstehend eine Übersicht ausgewählter Neuerungen des überarbeiteten Aktienrechts, welches voraussichtlich per 1. Januar 2023 in Kraft tritt.
Kapital und Reserven
Ausweis Aktienkapital ist in Fremdwährung möglich (Art. 621 Abs. 2 nOR)
Der Schuldenruf aufgrund einer Kapitalherabsetzung wird inskünftig nur noch einmal (statt dreimal) publiziert (Art. 653k Abs. 1 und 2 nOR).
Die Statuten können den Verwaltungsrat ermächtigen, während einer Dauer von längstens fünf Jahren das Aktienkapital innerhalb einer Bandbreite (Kapitalband) zu verändern. Sie legen fest, innerhalb welcher Grenzen der Verwaltungsrat das Aktienkapital erhöhen und herabsetzen darf (Art. 653s Abs. 1 nOR).
Die Reserven werden neu – analog zum Rechnungslegungsrecht (Art. 959a Abs. 2) – in gesetzliche Kapitalreserve, gesetzliche Gewinnreserve und freiwillige Gewinnreserven unterteilt (Art. 671 ff. nOR).
Verluste müssen in folgender Reihenfolge verrechnet werden: Erstens mit dem Gewinnvortrag, zweitens mit den freiwilligen Gewinnreserven, drittens mit der gesetzlichen Gewinnreserve und zuletzt mit der gesetzlichen Kapitalreserve (Art 674 Abs. 1 nOR).
Dividenden, Zwischendividenden und Rückerstattungspflicht von Leistungen
Die Generalversammlung kann gestützt auf einen geprüften Zwischenabschluss die Ausrichtung einer Zwischendividende beschliessen (Art. 675a Abs. 1 nOR).
Corporate Governance, GV und VR
Vor der ordentlichen GV genügt es künftig, wenn Geschäfts- und Revisionsbericht elektronisch zugänglich gemacht werden (Art. 699a Abs. 1 nOR).
Der VR kann vorsehen, dass Aktionäre, die nicht am Ort der GV anwesend sind, ihre Rechte auf elektronischem Weg ausüben können. (Art. 701c nOR). Eine GV kann gänzlich virtuell, d.h. ohne Tagungsort, durchgeführt werden, wenn die Statuen dies vorsehen und bei börsenkotierten Gesellschaften ein unabhängiger Stimmrechtsvertreter bezeichnet wurde (Art. 701d nOR).
Der VR kann seine Beschlüsse neu explizit unter Verwendung elektronischer Mittel fassen (Art. 713 Abs. 2 Ziff. 2 nOR); eine Unterschrift ist nicht erforderlich.
Sanierung
Der VR überwacht die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft und muss bei drohender Zahlungsunfähigkeit mit gebotener Eile Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit ergreifen, soweit erforderlich weitere Sanierungsmassnahmen treffen oder der GV beantragen und nötigenfalls ein Nachlassstundungsgesuch einreichen (Art. 725 nOR).
Bei hälftigem Kapitalverlust muss der VR Massnahmen zu dessen Beseitigung ergreifen und soweit erforderlich weitere Sanierungsmassnahmen treffen oder der GV beantragen; die Einberufung einer Sanierungsgeneralversammlung ist nicht mehr zwingend erforderlich (Art. 725a Abs. 1 nOR). Dafür hat neu eine Gesellschaft ohne Revisionsstelle die letzte Jahresrechnung einer eingeschränkten Revision durch einen zugelassenen Revisor unterziehen zu lassen (Art. 725 Abs. 2 nOR).
Für die Berechnung des Kapitalverlusts sind nur die nicht rückzahlbaren, gesperrten gesetzlichen Reserven mitzuzählen (Art. 725a Abs. 1 nOR).
Auf die Benachrichtigung des Gerichts kann verzichtet werden, solange begründete Aussicht besteht, dass die Überschuldung spätestens 90 Tage nach Vorliegen der geprüften Zwischenabschlüsse behoben werden kann und die Gläubigerforderungen nicht zusätzlich gefährdet werden (Art. 725b Abs. 4 Ziff. 2 nOR)
Rechnungslegung
Die Mindestgliederung des Eigenkapitals (Art. 959a Abs. 2 Ziff. 3 Bst. d–g) wird wie
folgt angepasst:3. Eigenkapital
a-c unverändert
d. freiwillige Gewinnreserven,
e. eigene Kapitalanteile als Minusposten (unverändert),
f. Gewinnvortrag oder Verlustvortrag als Minusposten,
g. Jahresgewinn oder Jahresverlust als Minusposten.
Ein Zwischenabschluss ist nach den Vorschriften zur Jahresrechnung zu erstellen und enthält eine Bilanz, eine Erfolgsrechnung und einen Anhang. (Art. 960f Abs. 1 nOR).
Der Zwischenabschluss ist als solcher zu bezeichnen. Er ist vom Vorsitzenden des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans und der innerhalb des Unternehmens für den Zwischenabschluss zuständigen Person zu unterzeichnen (Art. 960f Abs. 3 nOR).
Grössere Unternehmen im Sinne von Art. 961 können neu auch dann auf die zusätzlichen Angaben im Anhang zur Jahresrechnung, die Geldflussrechnung und den Lagebericht verzichten, wenn das Unternehmen nur einen (Einzel-)Abschluss (und nicht unbedingt eine Konzernrechnung) nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung erstellt (Art. 961d Abs. 1 nOR).